• Rechtsgebiet:
  • Familienrecht und Erbrecht

Unterhaltsrechtsreform und gesellschaftlicher Wandel

16.12.2011

Ihr zuständiger Rechtsanwalt

Sabine Ebner-Köppl
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Fachanwältin für Familienrecht AnwaltMediatorin (DAA)

Rechtsanwälte Ebner-Köppl, Löffler und Kollegen
Telefon + 49 (0)7 11 6 07 73 39
E-Mail ebner-koeppl(at)elolaw.de

von Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Fachanwältin für Familienrecht AnwaltMediatorin (DAA) Sabine Ebner-Köppl

von Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Sabine Ebner-Köppl

I. Hintergrund

1. Das Unterhaltsrecht betrifft jeden Einzelnen unmittelbar, als Kind, als Mutter oder Vater, als Ehefrau oder Ehemann. Es geht um das finanzielle Einstehen füreinander.

Unsere Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv verändert. 74 % aller Paare mit Kind sind verheiratet, 26 % leben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft oder sind alleinerziehend. Jede 7. Familie lebt als Patchworkfamilie.

Die Scheidungsrate ist von 1993 mit 156.425 Scheidungen auf 201.700 Scheidungen in 2005 gestiegen.

Für Baden Württemberg wurde festgestellt, dass 1952, im Jahr der Gründung des Landes Baden-Württemberg, 84 % der Ehelösungen auf den Tod eines Ehepartners zurückzuführen waren und nur 16 % auf Ehescheidungen. 65 % aller Ehelösungen beruhten im Jahr 2009 auf Verwitwung der Frau oder des Mannes, die übrigen 35 % auf Ehescheidungen.

Die Zahl der Mangelfälle steigt. Das Einkommen des Unterhaltspflichtigen reicht für Kinder und betreuende Elternteile aus Erst – und Zweitfamilie nicht aus. Die Zahl der sozialhilfebedürftigen Minderjährigen steigt.

2. Nach einer Untersuchung des Statistischen Bundesamts vom April 2011, die die Ergebnisse des Mikrozensus 2009 zugrunde gelegt hat, schränken Frauen mit Kindern ihre Berufstätigkeit immer noch mehr ein als Väter. Danach waren in 2009 59 % der Mütter aber 83% der Väter mit Kindern unter 18 Jahren aktiv erwerbstätig.Je älter die Kinder desto höher ist die Erwerbstätigkeit der Mütter.

Im Vergleich zu 1996 ist die Erwerbstätigkeit der Mütter gestiegen, die der Väter gesunken.

2/3 der erwerbstätigen Mütter arbeiteten in Teilzeit. Die Teilzeitquote der Mütter hat seit 1996 in alten und neuen Bundesländern zugenommen. Grund ist in den neuen Bundesländern ein Mangel an Vollzeitarbeitsplätzen, in den alten Bundesländern die Aufstockung des Familienbudgets.

Nicht verheiratete Lebenspartnerinnen mit Kindern (44 %) und Alleinerziehende Mütter (42%) weisen die höchsten Vollzeitquoten auf. 25 % er verheirateten Frauen mit Kindern arbeiten Vollzeit. Das statistisch häufigste Arbeitszeitmodell ist die Vollzeittätigkeit des Vaters und die Teilzeittätigkeit der Mutter 52%.

3. Die Tagespflege für Kinder unter 3 Jahren (Krippenplätze) ist mit einem Platzangebot von 2,5 Plätzen auf 100 Kindern in den alten Bundesländern bei Vergleich zu den neuen Bundesländern mit 35 Plätzen pro 100 Kindern unterentwickelt. 88 % aller Kinder haben einen Kindergartenplatz, allerdings nur 21 % in Ganztagsbetreuung. Die Hortquote pro Kind liegt bundesweit bei 9 %. Die verlässliche Grundschule deckt einen Zeitrahmen von 7.30 Uhr bis 14.00 Uhr ab. Die Betreuungsangebote enden mit der Vollendung des 14. Lebensjahres eines Kindes.

4. Politisch gewollt ist die Berufstätigkeit von Männern und Frauen mit Kindern und die Schaffung eines kinderfreundlichen Klimas wohl auch zur Entlastung der Sozialkassen. Als gesellschaftliche Randbedingung wird der Ausbau der Kinderbetreuung auch für unter 3-jährige, Elterngeld für beide Eltern, familienfreundliche Arbeitszeitmodelle wie Lebensarbeitszeitkonten gefördert. Insofern wird vom Gesetzgeber die Änderung des Unterhaltsrechts als der gesellschaftlichen Realität entsprechend und für volkswirtschaftlich sinnvoll erachtet.

II. Rechtslage

Das heute existierende Unterhaltsrecht, wie es in der Unterhaltsrechtsreform seit dem 01.01 2008 gilt, kann man nur aus der sozialen und gesellschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik heraus erfassen.

1. Historie

Die Wiege des heutigen Familienrechts ist immer noch das Bürgerliche Gesetzbuch von 1900. Unter Familienrecht versteht man das Verlöbnis, das gesamte Eherecht, das Unterhaltsrecht, das Güterrecht, das Kindschaftsrecht, das Vormundschaftsrecht und das Recht der Pflegschaft.

Der Gesetzgeber von 1900 ging von einem patriarchalischen Familienmodell aus mit strikten Rollenmustern. Durch die Eheschließung stand in allen die Gemeinschaft betreffenden Angelegenheiten dem Mann die Entscheidung zu. Er wurde Verwalter und Nutznießer des Vermögens der Frau und der Kinder. Ihm stand die Elterliche „Gewalt“ zu. Die Mutter hatte nur die Personensorge und die Pflicht das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten. Eine außerhäusliche Erwerbstätigkeit war einer Frau nur mit Zustimmung des Mannes möglich. Dieser konnte mit Ermächtigung des Vormundschaftsgerichts Verträge der Frau fristlos kündigen.

Unterhalt nach der Rechtskraft der Ehescheidung war nach der Fassung des § 1578 BGB a.F. standesgemäßer Unterhalt zu gewähren, der sich nach § 1610 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen richtete, zeitlich unbegrenzt.

Der soziale Wandel in den ersten beiden Dekaden des 20. Jahrhunderts vollzog sich mit der Industrialisierung in einer vom Gesetzgeber nicht vorhergesehenen Geschwindigkeit zunächst schichtenspezifisch unterschiedlich.

Zunächst wurde in den ärmeren Bevölkerungskreisen die Berufstätigkeit der Frau ökonomisch zwingend. In den Kreisen des Bürgertums suchten die Frauen eine andere Legitimation. Bereits die Weimarer Reichsverfassung vom 11.08.1919 Art 119 WRV betonte den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter.

Die rechtliche Umsetzung erstickte im völkischen Gedankengut des 3. Reichs. Nach dem EheG der Nationalsozialisten vom 01.08.1938 wurde angemessener nachehelicher Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen wie bis jetzt noch geschuldet.

In Europa entwickelte sich das Eherecht weiter. In Deutschland befand sich nach dem Ende des 2. Weltkrieges nach Entfernung des nationalsozialistischen Gedankenguts durch den Allierten Kontrollrat aus dem EheG der Rechtsstatus wie in 1900.

Die Väter des Grundgesetzes legten dann zwar 1949 in Art 3 Abs. 2 Satz 1 GG fest:

„ Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“

und gaben in Art. 117 Abs. 1 GG vor, dass dem Gleichheitsgebot entgegenstehende Gesetze nur übergangsweise bis zum 31.03.1953 geltend sollten. 

Am 1. April 1953 kam es dann aber zu der kuriosen Situation, dass der Gesetzgeber dem Verfassungsauftrag nicht nachgekommen war. Die damalige politische Klasse sehnte sich nach dem Ideal der bürgerlichen Familie und legitimierte die männliche Vormachtstellung in der Ehe mit der Notwendigkeit klarer Entscheidungszuständigkeiten.

Die Gerichte abgesegnet durch das Bundesverfassungsgericht schlossen die Gesetzeslücken im Rahmen richterlicher Rechtsfortbildung. Auf vermögensrechtlichem Gebiet erklärte die Rechtsprechung den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung am Vermögen der Frau ebenso für verfassungswidrig wie eine auch nur subsidiäre Unterhaltspflicht der Frau gegenüber dem Mann !

Im nichtvermögensrechtlichen Bereich behielt man den Kranzgeldanspruch der Frau bei ebenso die Annahme nur des Namens des Mannes bei Eheschließung, bei Auslandsberührung nur die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit des Mannes bei. Diese Rechtsprechung wurde im wesentlichen im GleichberechtigungsG kodifiziert.

Erst 1976 ( 1. EherechtsG) wurde das Verschuldensprinzip bei Scheidung abgeschafft und das nacheheliche Unterhaltsrecht neu geordnet aber das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen beibehalten, um einen während der Ehe erreichten sozialen Status für beide Ehegatten aufrecht zu erhalten. Die ehelichen Lebensverhältnisse wurden für die Unterhaltszahlung festgeschrieben.

Allerdings wurde in § 1569 BGB das Prinzip der Eigenverantwortung eines jeden Ehegatten nach der Scheidung eingeführt aber durch den Grundsatz der nachwirkenden ehelichen Mitverantwortung eingeschränkt.
Reichte das wirtschaftliche Vermögen des Verpflichteten nicht aus waren die geschiedenen Ehegatten im gleichen Rang wie minderjährige oder diesen gleichgestellten Kindern vorrangig vor nachfolgenden Ehepartnern. Die Ehepartner aus Zweitehen waren nachrangig und gingen zumeist leer aus.

2. Wann wird Unterhalt überhaupt geschuldet?

Grundsätzlich setzt die Gewährung von Unterhalt zuerst eine Bedürnislage voraus und die Leistungsfähigkeit des zum Unterhalt Verpflichteten.

Unterhalt wird nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu dem Einsatzzeitpunkt Scheidung bezahlt als:

  • Aufstockungsunterhalt, also als Zusatzanspruch auf das Einkommen zur Erhaltung des sozialen Standards;
  • als Unterhalt wegen Kindesbetreuung:
  • wegen Alters, Krankheit oder Gebrechen
  • wegen Erwerbslosigkeit
  • für die Zeit einer Ausbildung , Fortbildung und Umschulung
  • aus Billigkeit
  • Altersvorsorgeunterhalt

 

3. Unterhaltsrechtsreform 2008 

3.1. Ziel der Unterhaltsrechtsreform 2008
ist

- die Vereinfachung des Rechts
- die Stärkung des Kindeswohls
- die wirtschaftliche Entlastung sogenannter Zweitfamilien

Insofern richtete sich die Reform auf den Nachscheidungsunterhalt.

Der Unterhalt nach § 1360 BGB bei bestehender Ehe und der Getrenntlebensunterhalt, also den Unterhalt vom Zeitpunkt der Trennung von Tisch und Bett bis zur Rechtskraft der Ehescheidung blieb unangetastet

3.2. Der nacheheliche Unterhalt wurde neu geregelt in 3 zentralen Punkten:

(1) Der Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung jedes Ehegatten wurde verstärkt:

§ 1569 BGB

Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt.

Das heißt Unterhalt ist nur zu bezahlen, wenn und solange durch eigene Erwerbstätigkeit oder sonstige Einkünfte der eigene Unterhalts nicht gedeckt werden kann.


(2) Das Maß des nachehelichen Unterhalts blieb unangetastet, wird aber der Höhe nach begrenzt und zeitlich befristet nach § 1578b BGB abhängig davon auf welchem Unterhaltstatbestand der Unterhaltsanspruch gründet:

Eine Herabsetzung auf den angemessenen Bedarf hat zu erfolgen, wenn eine Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung auch unter Wahrung der Interessen zu betreuender Kinder unbillig wäre oder durch die Ehe bedingt Nachteile im Erwerbsfortkommen des Berechtigten Ehegatten entstanden sind.

Das heißt Unterhalt wird grundsätzlich nur bezahlt bis zu der Höhe des aufgrund des der Ausbildung und dem konkret ausgeübten Berufsbild bei Eheschließung auf den Scheidungszeitpunkt hochgerechneten jetzt erzielbaren Einkommens.

Beispiel 1

Die Krankenschwester, die einen Chefarzt heiratet erhält Aufstockungsunterhalt bis zur Höhe ihres fiktiv erzielbaren Einkommens aufgrund ihrer Vorausbildung, aber nicht Unterhalt zur Aufrechterhaltung des Status in der Ehe;


Der Unterhalt ist aber auch zeitlich zu befristen, es sei denn ein unbegrenzter Anspruch wäre unbillig. Wesentlich ist, dass die Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts nach Auslegung des BGH die Ausnahme darstellen soll. Zu prüfen ist, ob die unbefristete Unterhaltsgewährung unbillig ist nicht umgekehrt.

In der Regel wird nachehelicher Unterhalt für die Dauer von 1/3 bis ¼ der Ehezeit also Heirat bis RK der Ehescheidung bezahlt. So jedenfalls die süddeutschen OLG gegen den massiven Widerspruch des BGH ! – Dies sei nach Hahne 12. ZS contra legem.

Bei Erkrankung eines Ehegatten kommt hinzu als Billigkeitskriterium die nachehelichen Solidarität. Da eine Erkrankung in der Regel eine schicksalhafte Entwicklung darstellt und zumeist nicht ehebedingt ist, hilft der ehebedingte Nahteil hier nicht weiter. 

Beispiel 2:

Die kinderreiche langjährige Ehe wird in Kenntnis einer schweren Erkrankung der Ehefrau geschieden. Auch hier kann Unterhalt begrenzt oder befristet werden abhängig von der Vermögens- oder Einkommenssituation der Ehefrau.

Der Ausgleich der Rentenanwartschaften bei Scheidung , der Versorgungsausgleich, schließt aber ehebedingte Nachteile nicht aus.



(3) Ausnahme Kindesbetreuungsunterhalt


Der Basisunterhaltsanspruch besteht für die Dauer von 3 Jahren gleich ob eheliche oder nichteheliche Kinder betreut werden. Der Betreuungsunterhaltsanspruch kann verlängert werden wenn kindbezogene Gründe oder elternbezogene Gründe dies gebieten. Dabei ist die jeweilige Möglichkeit der kindgerechten Betreuung (Hort, Krippe, Schwiegermutter, Kernzeit) zu berücksichtigen und bei geschiedenen Eltern die Ausgestaltung der ehelichen Rollenverteilung.

In der Rechtsprechung hatte sich vor 2008 ein Altersphasenmodell herausgebildet:

Bis zum Eintritt in die Grundschule des jüngsten Kindes war keine Berufstätigkeit verlangt;
Bis zum Wechsel in eine weiterführende Schule plus 1 Eingewöhnungsjahr war eine Geringverdienertätigkeit zumutbar;
Danach, bis zur Vollendung des 14. oder 15, Lebensjahres des jüngsten Kindes eine Halbtagstätigkeit und
erst danach eine Vollzeiterwerbstätigkeit sofern möglich.

Das Altersphasenmodell der Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in der Reform nicht übernommen. Von den süddeutschen Oberlandesgerichten wird es aber als verschobenes Altersphasenmodell praktiziert. Die Ausübung einer Berufstätigkeit wird jetzt bereits etwas früher erwartet. Die süddeutschen OLG s gehen davon aus, dass Elternteile, die berufstätig sind und daneben bei sich lebende Kinder erziehen schlicht mehr belastet sind und die auswärtige Kinderbetreuung diese zusätzliche Leistung nicht kompensiert. Anders das OLG Frankfurt.

Der Familiensenat des Bundesgerichtshofs sieht die Mehrbelastung durchaus hat aber in der Entscheidung vom 15. Juni 2011 dem Altersphasenmodell eine Absage erteilt. Allerdings handelt es sich um ein Versäumnisurteil. Der BGH hat die Angelegenheit zurückverwiesen, da in den beiden Vorinstanzen kein Vortrag über die tatsächliche Betreuungssituation und eltern – oder kindbezogene Gründe für den Betreuungsunterhalt über 3 Jahre nach Geburt des Kindes hinaus erfolgt war. Das kann jetzt nachgeholt werden.

Beispiel 3: BGH vom 15.06.2011

Eheschließung war im Mai 1999. Im Juli wurde die Tochter geboren. Die Ehe wurde im Februar 2005 rechtskräftig geschieden. Der Vater zahlt nachehelichen Unterhalt wegen Kindesbetreuung nach § 1570 BGB und erhebt nach dem 1.1.2008 eine Abänderungsklage.

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass die Mutter aufgrund des Alters des Kindes allenfalls zu einer Halbtagstätigkeit verpflichtet sei und die Berufung zurückgewiesen. Im Interesse des Kindeswohls sei ein abgestufter Übergang zur Vollzeittätigkeit der Mutter auch nach neuem Recht möglich. Das ehemalige Altersphasenmodell könne ein Beurteilungsrahmen sein.
Der BGH hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung mit der Begründung zurückgewiesen eine Einzelfallprüfung sei nicht erfolgt.



(4) 3. Änderung: Die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten wurde geändert

Im 1. Rang sind minderjährige unverheiratete Kinder und privilegierte Volljährige bis 21. Jahre;

Im 2. Rang sind gleichberechtigt Eltern die Unterhalt wegen Kinderbetreuung geltend machen gleichberechtigt mit geschiedenen Ehegatten aus einer Ehe von langer Dauer ( ab 15 Jahren), - aber abhängig von 1578b BGB

Im 3. Rang sind alle anderen geschiedenen Ehegatten, die kurz verheiratet waren.

Beispiel 4 : 

Die unterhaltsberechtigte geschiedene Ehefrau betreut zwei eheliche Kinder. Der Mann lebt mit einer Frau zusammen, mit der er ein Kind hat.

Nach der neuen Rangordnung bezahlt der Mann zuerst für alle Kinder Unterhalt, wenn dann noch etwas übrig ist sind die geschiedene Ehefrau und die neue Lebenspartnerin zumindest bis zum 3. Lebensjahr des Kindes gleichrangig berechtigt.

Beispiel 5 :

Eine kinderlose Ehe wird nach 9 Jahren geschieden. Die Frau hat sich um Haus und Schwiegereltern gekümmert, findet keinen Arbeitsplatz, sie schult um.

Der Mann bekommt mit seiner jetzigen Partnerin ein Kind.

Nach der gesetzlichen Regelung ist das Kind im 1. Rang, die Partnerin im 2. Rang und die geschiedne Ehefrau, da keine Ehe von langer Dauer im 3. Rang.

Allerdings gibt es auch hier Spielmöglichkeiten im Bereich der Unbilligkeit, der ehebedingten Nachteile etc..

Beispiel 6:

Nach 20 Jahren wird eine Ehe geschieden. Die Kinder aus der Ehe sind erwachsen. Der Mann heiratet erneut. Die 2. Ehefrau ist nicht berufstätig.

Beide Ehefrauen sind gleichrangig unterhaltsberechtigt. Hier setzt die Entscheidung des BVerfG vom 25. 01.2011 zur sogenannten Dreiteilungsmethode betrifft die Konkurrenz um den Unterhalts der geschiedenen zur jetzigen Ehefrau. 

Seit dem 1.1.2008 war von der Rechsprechung der OLGs die sogenannte Dreiteilungsmethode entwickelt worden zur Schaffung eines gerechten Ausgleichs der verheirateten Ehefrau ohne/ mit Kindern mit der geschiedenen aus einer Ehe von langer Dauer. Diese sind nach neuem Recht im gleichen Rang.
Die Entscheidung berücksichtigt nicht das Thema Befristung und Begrenzung !

Der BGH hatte vereinfacht die aktuellen jeweils bereinigten Einkünfte des Ehemanns mit Splittingvorteil und die Einkünfte des neuen Ehegatten und des geschiedenen zusammengefasst und dann durch 3 geteilt.

Dies hat mit den ehelichen Lebensverhältnissen nach BVerfG nichts mehr zu tun und steht in Widerspruch zu § 1578 BGB, der das Maß des Unterhalts an den ehelichen Lebensverhältnissen orientiert. Die Grenze richterlicher Rechtsfortbildung sei überschritten.

Im zweiten Schritt machte der BGH eine Kontrollrechnung und berechnet den Unterhalt fiktiv so als wäre der Ehemann nicht ein zweites Mal verheiratet. Der BGH begrenzt den Unterhalt also wieder. Das heißt der geschieden Ehegatte erhält in der Regel weniger aber in der Regel nie mehr als im Wege der ehelichen Lebensverhältnisse. Damit wird der Gleichrang verletzt.


III. Folgen der Reform

1. Auch alte Urteile über Unterhalt oder Unterhaltsvergleiche können mit der Begründung der Gesetzesänderung durch die Unterhaltsrechtsreform im Wege der Abänderungsklage nach dem neuen FamFG abgeändert und auf 0 herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden. Ausnahmen gelten nur für die vor der 1. Eherechtsreform vor dem 1.1.1977 titulierte Ansprüche. Das heißt wer 34 Jahre Unterhalts bezahlt hat kann auch weiter zahlen. Hier überwiegt der Bestandsschutz.

2. Das Ehemodell, das man in seiner Ehe praktizieren möchte sollte in einem Ehevertrag vor Eheschließung oder spätestens wenn Kinder unterwegs sind festgeschrieben und ein wirtschaftlicher Ausgleich güterrechtlich oder unterhaltsrechtlich, zum Beispiel in der Festlegung eines Altesphasenmodell, definiert werden.

3. Mit der Reform des Familienrechts insgesamt wurde auch eine Kontrollpflicht der Gerichte eingeführt Eheverträge auf Ausgewogenheit zu kontrollieren. Die hierfür ausschlaggebende Entscheidung war die des Bundesverfassungsgerichts bezüglich eines Ehevertrags einer schwangren Verlobten, die die Gütertrennung, einen nachehelichen Unterhaltsverzicht und den Ausschluss der Durchführung des Versorgungsaugleichs notariell vereinbart hatte. Nach Scheidung der Ehe machte sie Betreuungsunterhalt geltend.

Das heißt alte Eheverträge unterliegen einer Ausübungskontrolle. Bei einer durch Ehevertrag oder Scheidungsfolgenvereinbarung titulieren Unterhaltspflicht ist eine Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle vorzunehmen und auf die Ausgewogenheit der vermögensrechtlichen Regelungen insgesamt zu achten.

Für das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) gelten folgende Übergangsvorschriften:

Ist über den Unterhaltsanspruch vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig entschieden, ein vollstreckbarer Titel errichtet oder eine Unterhaltsvereinbarung getroffen worden, sind Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. 2. Die in Nummer 1 genannten Umstände können bei der erstmaligen Änderung eines vollstreckbaren Unterhaltstitels nach dem 1. Januar 2008 ohne die Beschränkungen des § 323 Abs. 2 und des § 767 Abs. 2 der Zivilprozessordnung geltend gemacht werden.Unterhaltsleistungen, die vor dem 1. Januar 2008 fällig geworden sind oder den Unterhalt für Ehegatten betreffen, die nach dem bis zum 30. Juni 1977 geltenden Recht geschieden worden sind, bleiben unberührt.